1. August 2008

temps perdu

Obzwar als Kind permanenter und von den NachbarInnen gern mit Kuchen gefütterter Gast im Schrebergarten meiner Großeltern, war mir immer unverständlich, wie soviel Zeit und Energie und Kreuzweh und vom Unkraut hervorgerufener Gram in so wenig Quadratmeter investiert werden können. Das hat sich jetzt geklärt durch die eigene semi-wahnhaften Erfahrung. Für Oma und Opa kam zur allein schon existenzberechtigen Gartenlust noch die lebensqualitäts-steigernde Flucht aus der Gemeindewohnung hinzu - eine Tatsache, die bei mir als Stubenhockerin extraordinaire wiederum nicht ins Gewicht fällt, wenn ich auch mit der selben nicht idealen Hochparterre Lichtsituation geschlagen bin. Überhaupt gehören wir einer Bevölkerungsgruppe an, der überhaupt keine Kleingärten zugeteilt werden sollten mit unseren 35+ Quadratmetern Lebensraum pro Person samt Blick auf eine Parklandschaft. Aber das mit dem sozialreformerischen Impetus ist in den Kleingartenvereinen ja mittlerweile nicht einmal mehr ferne Erinnerung. Nun sind wir aber zu ihm gekommen wie die Jungfrau zum Kind - erstaunt, verlegen, verwirrt, ohne danach gefragt zu haben aber dankbar und demütig.
Meine Zuwendung zum Wachsenden ist damit sofort mit einer von niemandem vorhergesehenen Heftigkeit erwacht und stellt sich nun als folgende zerquetschte umgedrehte  Glockenkurve dar:

Verdammte Teenager, die keinen Gedanken daran verschwenden all die durchs Schulschwänzen während des Maturajahres freigekämpften Stunden unter dem Marillenbaum zu verbringen.

Hier noch zwei Fotos aus einer Zeit, in der meine Beziehung mit dem Schrebergarten noch in ihrer ungetrübten Glorie fotografierbar war:

Am Zwetschkenbaum, dessen unbedrohliche Höhe das Schaukeln, Klettern und Plattformbauen quasi herausgefordert hat.

Mit Oma vor dem Feuchtbiotop, in das ich nie hineingefallen bin (was vermutlich ein irreparables Libellenlarven-Trauma in meiner zarten Kinderseele hervorgerufen hätte). Dahinter das Alpinum. Die gesamte Anlage war leicht abschüssig gelegen, aber alle Einzelgärten so eben wie ein holländisches Tulpenbeet* - bis auf den meiner Großeltern. Das hat vermutlich meine Vorliebe für Geländestufen begründet; eine Sehnsucht, die ich in Anbetracht des neuen Gartens wohl begraben muss, außer ich angle mir einen Baggerfahrer.
Überhaupt war der Garten zum Mißfallen der Anlagen-Honoratioren der renitenteste weit und breit, mit widerspenstigen Gräserbüscheln am schmalen Streifen neben dem Zugangsweg anstatt einer gepflegten Rasennarbe, Unken und Molchen und BesitzerInnen, die von dem löchergrabenden Dachs nur einmal gern einen Blick erhascht hätten und ihn nicht gleich erlegen wollten. Alles in allem bleibt er der schönste, den ich je gesehen habe und das vermutlich verhältnismäßig objektiv und nicht nur wegen der rosaroten Kindheitserinnerungen. Vielleicht treibe ich noch irgendwo eine Gesamtansicht auf.

* manche waren de facto holländische Tulpenbeete wenn ichs mir recht überlege.

p.s.: Look Nr.2 mit Sonnenbrille und bangs stellt sich mit genug Abstand als der coolste heraus, den ich jemals hatte. Effortless. Funky. Leider macht der Transformationsprozess, den meine Haarstruktur seitdem durchlaufen hat, Stirnfransen zu einem undenkbaren (jedoch seit sieben Jahren, als sie noch hip waren, heiß begehrten) Unterfangen.

Keine Kommentare: